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Aminet 13
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Aminet 13 - August 1996.iso
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f.messe.Gütersloh
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1996-06-17
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341 lines
#Titel Forum / Messenachlese / Gütersloh '96
#Logo gadget25:Pinsel/AG.Forum
#Font Losse 16
#C31
Manchmal kommen sie wieder:
Messenachlese Gütersloh '96
#Font topaz 8
#C21
Ein kleiner Haufen (zumeist männlicher) Sektierer rottete sich am 20. und
21.April zusammen. Nein, die Rede ist nicht von Skinheads, die Führers
Geburtstag und ihre eigene Verblendetheit zelebrierten. Am dem durchaus
etwas eigenartigen Termin fand vielmehr das diesjährige Gütersloher
Computer-Treffen stand. Für die, die diese Einrichtung noch nicht kennen:
sie wird veranstaltet von einem Gütersloher Computer-Club und einigen Freaks
mit privatem Engagement (u.a. Andreas Mauß), fand vor zwei Jahren zum
ersten Mal statt und dient in erster Linie dem Erfahrungsaustausch und der
Kontaktpflege. Wie das alles in diesem Jahr aussah, soll Thema der
nachfolgenden Zeilen sein. Noch ist Zeit, das "nächsten Text"-Gadget zu
drücken.
Argh. Es ist Samstag und früh am Morgen. Aber da die Deutsche Bahn AG ihre
Fahrpläne umgestellt hat und die schnellste (wochenendticketkompatible)
Verbindung nach Gütersloh in diesem Jahr 5:30h statt nur 4:30h dauert,
bleibt mir nichts anderes übrig, als meinen Erholungsschlaf auf dem Altar
des Computerhobbies zu opfern. Einmal Mitleid bitte. Danke. Um 10:16 Uhr
geht die Fahrt in Cölbe los - im Gepäck ein wenig Wegzehrung, ein paar
Disketten, sowie eine Textsammlung Marx'scher Schriften und ein Strafrecht-
Lehrbuch. In den beiden letztgenannten schmökere ich dann auf der durchaus
erträglichen Fahrt, die mich über Gießen, Siegen, Hagen und Hamm schließlich
nach Gütersloh führt. Gebracht hat's aber nichts: die nachfolgende
Strafrecht-Klausur habe ich hoffnungslos in den Sand gesetzt und Kommunist
bin auch nicht geworden. Aber immerhin stehe ich nun um ziemlich genau
16:00 Uhr (der letzte Zug hatte 15 Minuten Verspätung) in Gütersloh.
Dank meiner Erfahrungen aus dem Vorjahr ist es mir nun ein leichtes, den
Veranstaltungsort, die "Alte Weberei", zu erreichen. Wie schon im Vorjahr
kommt man nur gegen Zahlung einer schmerzhaften Unkostenbeteiligung in Höhe
von 5 DM (plus 2 DM für freien Kaffeekonsum) an der bedrohlich den
Kassierbeutel schwingenden Frau Händel vorbei. Und ebenfalls wie im letzten
Jahr (Die ständigen Wiederholungen lassen zwar den Schluß zu, das "Gadget"
sei nun endgültig unter die "öffentlich-rechtlichen" gegangen - dem ist aber
nicht so. Das Wetter.) ist das erste bekannte Gesicht, das ich entdecke, das
von Gerd "FlipFlop" Frank. Mit einer schnellen Bewegung versperre ich ihm
den Fluchtweg. Er hat in diesem Jahr eine Auswahl seines "Ultramax"-Versand-
sortimentes mitgebracht - neben ein paar gebrauchten Spielen zahlreiche
neue und ältere CD-ROMs - und versucht verzweifelt und augenscheinlich
erfolglos, sie unter die Leute zu bringen. Sein gesunkenes Selbstwertgefühl
schamlos ausnutzend, gelingt es mir, ihm die Erlaubnis zum Abstellen meiner
Tasche hinter seinem Verkaufstisch abzuluchsen. Dann lasse ich ihn alleine
bei seinen ungezählten und vor allem unverkauften CDs und schaue mich weiter
im Saal um.
An der Fensterfront neben Gerds Stand haben drei weitere Händler ihre
Waren ausgebreitet - ebenfalls in erster Linie CD-ROMs, aber auch Spiele für
den PC. Und am Kopfende hat der ortsansässige Computerclub zahlreiche
Broschüren und Informationsmaterialien ausgelegt. Besonders gut gefällt mir
das augenscheinlich selbstgedruckte "Amiga A4000/60 Cyber-Tower-Micronik"-
Flugblatt. Ein Auszug:
#C10
"Zur Zeit der schnellste 4000T der Welt. 100mal schneller als ein normaler
A500. Für den Anwender bedeutet dies, daß ein Raytracing-Bild das
normalerweise eine Stunde zur Berechnung verschlingt, in 10 bis 15 Minuten
auf dem Bildschirm erscheint."
#C21
Wenn 1h geteilt durch 100 statt weniger Sekunden 10-15 Minuten ergibt, stand
da wohl eher ein Pentium Pate...
Doch es gibt nicht nur Hard- und Papierware zu sehen. Unter anderem stehen
auch mehr oder weniger alte Bekannte wie Sven "Ja, die Power-Brei (man
beachte den Bindestrich) ist demnächst fertig." Drieling, Rainer "Murphy"
Gellrich, Karl-Heinz "HAM" Bader, Dirk "Kenne hier ja niemanden." Jansen,
Jürgen "Invisible Power" Träger und natürlich Bernd "Diesel" Künnen und
Peter Händel in der Gegend herum. Letzterer hat gerade in bester
Schumi-Manier ein über Nullmodem ausgetragenes und per Schmierzettel
datentechnisch verwaltetes virtuelles Autorennen gewonnen und ist
dementsprechend gut gelaunt. Das trifft auf Gerd Frank nicht zu, der sich
vor lauter Frust über ausbleibende Kundschaft mit ein paar Bekannten (u.a.
"Mega/Fish"/"Mega/Note"-Programmierer Thomas Omilian) auf den Parkplatz vor
der Weberei zurückgezogen hat und dort ein altes bayerisches Ritual
vollzieht, das u.a. die Vernichtung von Hopfen- und Malzprodukten vorsieht.
Mit dem Vorrücken der Uhrzeiger auf 18:00 Uhr bauen auch die anderen Händler
langsam ihre Stände ab. Die mutigeren lassen die Ware herumliegen, die
anderen packen sie für die Nacht ein. Die privaten Treff-Besucher amüsieren
sich derweil mit anderen Dingen. Großer Renner bei den PC-Usern ist
die in schlächtester "Doom"-Tradition stehende Ballerorgie "Duke Nukem",
in der viel Blut fließt, Kloschüsseln in die Luft gesprengt werden,
Einrichtungsgegenstände zerballert, Häuserblocks in die Luft gesprengt,
Animierdamen zum Ablegen ihrer Oberbekleidung gebracht und exzellente,
detailreiche und schnell scrollende Grafiken bewundert werden können. Das
ganze ist auch über Nullmodem spielbar und deshalb für Freunde von
Ballerorgien augenscheinlich ein Mords-Spaß. Da Amiga-User bei einem
derartigem Anblick bekanntermaßen Minderwertigkeitskomplexe bekommen,
ist Murphy auch schon dabei, die neueste Demoversion von "Nemac 4" - quasi
als Gegenmittel zum "Duke" - auf seine Festplatte zu entpacken. Das Spiel
selbst ist ebenfalls ein Dungeon-Ballerspiel, für Amigaverhältnisse sogar
recht schnell und erfreulicherweise unblutig ! Erreicht wird das durch den
guten Einfall, nicht Lebewesen sondern Roboter gegeneinander antreten zu
lassen. Da somit das Waten im Blut der Opfer, Genickschüsse, martialische
Amokläufertaten und ähnliche Dinge fehlen, dürfte es sich bei "Nemac 4" um
das erste halbwegs akzeptable Spiel dieser "Doom"anie handeln. Allerdings
dürfte es damit für die Anhänger des "Wolfenstein"-Nachfolgers und dessen
Clone uninteressant sein. So ist wohl das Leben und Sterben im blutigen
Dschungel der Shoot'em'up-Software.
Weitaus zivilisierter geht es beim (fast) gleichnamigen Spiel zu. Auf
einigen PCs läuft nämlich der Nachfolger von Sid Meiers Geniestreich
"Civilization", der nun nicht nur eine "II" nach dem Namen trägt sondern
auch eine recht ansehnliche Grafik verpaßt bekommen hat: die Landschaft
erscheint nun dreidimensional und die Zwischenanimationen sind größtenteils
digitalisiert. Bleibt nur zu hoffen, daß sich jemand bei Microprose zu einer
Amiga-Umsetzung erbarmt. Die Chancen dürften allerdings nicht allzu gut
stehen, ist doch von einer Konvertierung der ebenfalls hier in Gütersloh
herumfliegenden Internet-Version von "Civilization" auch noch nicht viel
auf dem Amiga-Markt zu sehen. Die gute Nachricht ist, daß es andererseits
auch für den Amiga Spiele gibt, die wohl kaum jemals auf dem PC zu sehen
sein werden. Kalle Bader zeigt mir - nachdem wir uns einige Zeit auf
wissenschaftlichem Niveau über AMOS unterhalten haben (Ich: "AMOS ist
Sch#?ße." Kalle: "AMOS ist gut und einfach." Ich: "AMOS ist Sch#?ße." Kalle:
"AMOS ist gut und einfach." Ich:....) - das auf der HAM-Extra#6 erschienene
Spiel "AIDS Eliminator" von Eric Novak. Ziel des "den AIDS-Opfern dieser
Welt" gewidmeten Spiels ist es, einen auf Skiern fahrenden Penis (komplett
mit den zwei dazugehörigen...) an über den Bildschirm fliegenden AIDS-Viren
vorbei zu einem Kondom zu führen. Kalle - übrigens jüngster Großvater
Hannovers (wie eine Tageszeitung der niedersächsischen Hauptstadt mehr oder
weniger überzeugend bewies) - ist begeistert.
Begeistert ist auch Sven Drieling, der unterdessen mit einem seiner
Bekannten (wenn mich nicht alles täuscht, müßte es sich um Ingo Jürgensmann
gehandelt haben) seinem Lieblingshobby nachgeht und sich durch irgendwelche
Datenmengen aus der DFÜ arbeitet. Allerdings weniger von der virtuellen
Phallusbeschäftigung sondern von dem Gedanken, dem Knurren des Magens durch
ambulante Nahrungsaufnahme abzuhelfen. Da in der Zwischenzeit schon viele
der "Samstagsbesucher" - wie Kalle Bader und Dirk Jansen - gegangen sind,
marschiere ich gemeinsam mit Sven, Murphy und Ingo (?) los. Wir machen uns
auf die Suche nach einer Lokalität, die unseren gehobenen Ansprüchen
Rechnung zu tragen in der Lage ist. Fast eine Stunde und unzählige
Seitengassen, Querstrassen und Fußgängerzonen später finden wir schließlich
eine Filliale der angesehenen "Kochlöffel"-Kette. Da der Laden noch nicht
ganz auf McDonalds-Niveau ist, stehen der sofortigen Nahrungsaufnahme auch
keine ideologischen Gründe entgegen (wie schon Brecht erkannte, geht das
Fressen der Moral eben nunmal vor). Bei Hamburger (ein Cheeseburger hätte
erst aufgetaut, angemalt und zusammengeleimt werden müssen - das haben wir
uns dann doch gespart) und Fritten erörtern wir die Lage der Nation und die
Probleme der Welt. Über das Emsland, Murphys Heimat, und andere Verbrechen
der Natur gegen die Menschheit ziehen wir natürlich auch noch her.
Ärgerlicherweise bemerke ich zu spät, daß ich vergessen habe, mir eines
dieser kleinen Holzgäbelchen zu greifen. Aber so lerne ich immerhin eines:
Ketchup klebt an den Fingern.
Bevor diese Schilderung beim werten Leser allzu starke Ekelgefühle
hervorruft, machen wir uns wieder auf den Rückweg - den wir wider Erwarten
problemlos und schnell zurücklegen. In der Weberei ist es inzwischen
ziemlich leer geworden. An einigen PCs wird gedaddelt. Jemand spielt ein
wenig mit dem Shapeshifter herum. Nicht viel los. Ich setze mich an einen
freien Amiga und mache mich, begleitet von erschreckten "Oh mein Gott, so
kann man doch mit HTML nicht arbeiten !"-Rufen aus Sven Drielings Mund,
daran, ein paar "Gadget"-Texte für die Web-Seiten aufzubereiten. Nachdem
sich schon beim zweiten die Diskette mit einem Schreib-Lese-Fehler
verabschiedet, gebe ich das ganze auf. Aber anstatt mich frustriert aus dem
Fenster zu stürzen, auch wenn das viele sicher gerne sehen würden, wende ich
mich dem PC zu, der etwas abseits des ganzen Geschehens steht. Die
Besonderheit dieses Rechners ist der Internet- und damit auch WWW-Zugang, der
dank der praktisch unmittelbaren Nähe eines entsprechenden Providers darüber
hinaus ziemlich fix ist. Doch ich habe kaum "Infoseek" auf die Suche nach
Informationen zum Aufbau des "Acrobat"-Formats geschickt, da muß ich auch
schon das globale Dorf verlassen. Es naht nämlich Klaus Fischer (nein, nicht
der Fußballspieler), der der Meinung ist, mit dem sinnlosen Web-Surfen müsse
Schluß sein, zumal er etwas wirklich wichtiges vorhabe. Das sehe ich
natürlich ein und lasse ihn an den Rechner. Klaus ist glücklich und
verbringt den Rest der Nacht damit, via IRC zu "chatten".
Mein nächstes Opfer ist schließlich Peters PC, an dem ich ein paar Runden
Pinball flippere. Die Informationstechnologie ist wahrhaft ein Segen für
die Menschheit. Da mir trotz schnell fliegender virtueller Bälle, blinkender
Lichter und knackender Soundeffekte langsam die Augenlider schwer werden,
erhöhe ich nun die Kaffeemaschinenbenutzungsfrequenz drastisch. Das zeigt
auch bald Wirkung. Nachdem ich so die Blutkonzentration in meinem Koffeein
erfolgreich gesenkt habe, drehe ich noch ein paar Runden um die nun schon
recht verwaisten Rechnertische. Voller Sehnsucht - manche würden es
weitaus profaner aber zutreffender Sozialneid nennen - gleitet mein Blick
über den einzigen vorhanden Draco. Dann sehe ich den in Dracos Nähe
sitzenden und nach wie vor in den Untiefen der Newsgroup-Welt versunkenen
Sven und Ingo (?) über die Schulter und unterhalte mich ein wenig mit allen
möglichen über alles mögliche. Plötzlich winkt mich einer der mir
unbekannten PC-User zu sich. Er hätte sich vor ein paar Stunden ein Programm
namens "UAE" aus dem Netz gezogen, wolle es nun installieren und bräuchte
dazu eventüll meine Hilfe. Bei diesem Kürzel handelt es sich nämlich
mitnichten um das typische Geräusch, das ein Kneipenbesucher nach dem Konsum
von zu viel Alkohol von sich gibt, sondern um die Abkürzung des
Programmnamens "Unix Amiga Emulator" (wobei es sich bei der hier in Rede
stehenden Version um den DOS-Port handelt). Wir sind uns beide ziemlich
sicher, daß es sich letztlich nur um eine Variante des altbekannten
Scherzprogrammes handelt, das eine Kick 1.2-Hand auf den Bildschirm zaubert,
die nach einer Bootdiskette zu verlangen vorgibt. Für den Fall, daß aber
möglicherweise doch etwas mehr dahintersteckt, will der PC-Mensch jemanden
an der Hand haben, der sich zumindest ein wenig mit dem Amiga auskennt. Nach
kurzem Studium der Anleitung (Frevel !) haben wir zumindest einen groben
Überblick. Wir besorgen uns von einem der herumstehenden Amigas ein
Kickstart-File und ziehen bei der Gelegenheit auch mittels des beim "UAE"
mitgelieferten Hilfsprogrammes "Transdisk" ein paar Diskettenabbilder, u.a.
vom "AmigaGadget" 24. Nachdem wir die Datenmengen auf die Festplatte des
PClers geknallt haben, starten wir vorschriftsgemäß den Emulator. Zunächst
allerdings geben wir nur den Namen des ROM-Files an. Und siehe da: es
erscheint tatsächlich die Kickstart-Aufforderung, eine Bootdiskette
einzulegen. Das ist schon einmal sehr beeindruckend, aber noch dadurch zu
erklären, daß das Programm das ROM-File nach der Versionsnummer untersucht
und ein entsprechendes Bild ausgibt. Noch besteht kein Grund zur
Beunruhigung. In der Zwischenzeit hat sich auch Murphy zu uns gesellt. Sind
wir Zeugen, wie der Amiga seiner Unemulierbarkeit beraubt wird ? Das wäre ja
beinahe so, als müsse Eintracht Frankfurt in die zweite Bundesliga
absteigen (hahahahaha !). Nach einem Neustart des Rechners (der überflüssig
war, was wir aber erst später merken) rufen wir den Emulator diesmal mit
dem ROM-File und dem Namen des "Gadget"-Diskettenabbildes als Bootdiskette
auf. Als kurze Zeit später Holgis Bootblock eingefadet wird, wissen wir,
daß wir verloren haben. Nachdem die Entsetzensschreie verklungen sind und
der "UAE" brav die Workbench mit allen dazugehörigen Icons anzeigt,
doppelklicken wir das "Gadget"-Diskicon und starten das Magazin. "GaMa" hat
jedoch etwas gegen die neue Umgebung und bricht mit einer Fehlermeldung
ab. Immerhin: wenigstens das "Gadget" ist unemulierbar... (Das
Installationsprogramm lief im übrigen einwandfrei.) Nun gibt es kein Halten
mehr. Alle anwesenden Amiga-User (und viele der PCler) versammeln sich um
den Rechner und bringen die verschiedensten Diskettenabbilder zum Austesten.
Nachdem sogar Actionspiele (inkl. Copperlisteneffekte) laufen, ist
geklärt, daß der "UAE" kein Gagprogramm ist...
Noch ein paar Worte zur Funktionsweise des DOS-Ports: wie schon erwähnt,
arbeitet der Emulator mit Diskettenabbildern. Da er natürlich nicht
alle im aktuellen Verzeichnis liegenden Abbilder verwenden kann, muß man
bis zu vier Diskettenabbilder anmelden. Diese werden dann wie in
angeschlossenen Disklaufwerken liegende Disketten behandelt. Reicht einem
die so zugängliche Datenmenge nicht aus, kann man sich auch noch eine eigene
Festplattenkapazität schaffen. Dies geschieht von MS-DOS aus und unterliegt
praktisch keinen Beschränkungen mehr (früher waren wohl mal 8 MByte die
Obergrenze). Das MS-DOS-Programm legt hierfür eine Datei an, in der die
Daten, die man unter der Emulation auf der "Festplatte" speichert, abgelegt
werden. Es ist jedoch in der von uns installierten Version 0.5.2 nicht
möglich, den Emulator von der "Festplatte" booten zu lassen. Dazu benötigt
man wie in besten Kickstart 1.2-Tagen eine Bootdiskette, sprich: deren
Abbild. Hinsichtlich der Grafikdarstellung machen sich natürlich die
unterschiedlichen Darstellungsweisen bemerkbar. Wo ein 640 x 256-Bildschirm
auf einem Amiga die gesamte Monitorfläche ausfüllt, belegt er auf dem
PC nur etwas mehr als die obere Bildschirmhälfte. Leider ist der Emulator
auch noch auf die Non-AGA- und Non-ECS-Bildschirmmodi beschränkt, so daß
man hier ein wenig improvisieren, bzw. die Gegebenheiten akzeptieren muß.
Der PCler ist jedenfalls begeistert, wir Amiga-User entsetzt und Andreas
Mauß ärgert sich, daß er seine Amiga-Software verkauft hat...
Nachdem wir uns bestimmt eine Stunde lang mit dem "UAE" beschäftigt haben,
reibt sich der Tag langsam den Schlaf aus den Augen und die Sonne läßt
sich mal wieder blicken. Letztere scheint auch auf diejenigen, die sich
die Nacht auf irgendwelchen Matrazen um die Ohren geschlagen haben, und
die jetzt nach und nach wieder in der Weberei auftauchen. Darunter ist auch
Gerd Frank, der hofft, nach der großen Flaute vom Vortag endlich Geschäfte
machen zu können und zumindest Teile seines Sortimentes loszuwerden. Schön,
daß es noch Leute gibt, die einen festen Glauben an etwas der Rationalität
nicht zugängliches haben...
Etwas ganz anderes hat Peter Händel nun ausgepackt. Das Programm nennt sich
"FIFA Soccer '96" und ist ein Arcade-Fußballspiel für PCs. Obwohl Peter
selbst Fußball nichts abgewinnen kann (Zitat aus dem "Gadget"-Interview:
"Meinst Du die Jungs, die erst stundenlang hinter dem Ball herlaufen und ihn
dann wieder wegschießen, wenn sie ihn haben ? Ich bin dafür, daß jeder
Spieler einen Ball bekommt, dann brauchen die sich nicht so anzustrengen."),
scheint ihn dieses Spiel zu faszinieren. Selbst sagt er dazu nichts, denn
seine ganze Aufmerksamkeit gilt dem Geschehen auf dem Bildschirm, seine Hand
klebt am Joystick mindestens ebenso fest wie seine Augen an dem Bild, das
die Grafikkarte in wirklich atemberaubender Qualität generiert. Natürlich
hat sich am Spielprinzip selbst nichts geändert. Man übernimmt die Führung
einer der beiden Mannschaften und steuert dabei immer den Spieler, der
dem Ball am nächsten ist - während die anderen 10 Männchen und das
gegnerische Team von Kollege Computer kontrolliert werden. Das, was "FIFA
Soccer" aus der Masse der Fußballspiele heraushebt, ist vielmehr die
Aufmachung - womit wieder einmal der Satz bestätigt wäre, daß das Design
eben doch das Bewußtsein bestimmt. Visuell gibt es ruckelfreies Scrolling,
große und dreidimensionale Spielfiguren und ständig wechselnde
Kameraperspektiven inklusive diverser Kamerafahrten und Zoomeffekte zu
sehen. Hier ist wirklich beinahe Fernsehqualität erreicht, der virtuelle
Oliver Kahn scheint in greifbarer Nähe zu sein. Verstärkt wird dieser
Heimkino-Effekt noch durch die akustische Untermalung. Neben schönen Samples
bietet das Spiel nämlich noch einen "Livekommentar". Das Spielgeschehen wird
unmittelbar von einer Stimme in bester Sportreporter-Manier beschrieben und
kommentiert. Und wenn die künstliche Intelligenz einen blinden 30-Meter-
Fehlpaß zurück in die eigenen Hälfte dann mal fälschlich begeistert mit "Was
für ein gewaltiger Paß !" feiert oder die gleiche Leerfloskel ("Kein Problem
für den souveränen Torhüter.") während der neunzig Minuten ein Dutzend Mal
aufsagt, dann ist klar: hinter Werner Hansch, Jörg Wontorra und Gerd
Rubenbauer steckt mit Sicherheit auch nur ein Intel-Prozessor. Ich für
meinen Teil bin jedenfalls erschreckt darüber, wie sich jemand von Peters
Intelligenz und Fähigkeiten dermaßen von solch billigem Tand fesseln läßt.
Unter Anwendung von brutaler Gewalt ("Hey, laß mich mal.") gelingt es mir,
ihm den Joystick zu entreißen und selbst ein Spielchen zu wagen. Ich
verliere 0:1 durch ein Gegentor wenige Sekunde vor dem Schlußpfiff.
Frustriert beende ich meine Begegnung mit diesem absolut primitiven Spiel
und übergebe den Steuerknüppel an Guido Wegener, der sich auch mal am
virtuellen Kugelkicken versuchen will.
Da der Vormittag inzwischen schon fortgeschritten ist und langsam auch ein
paar Besucher den Raum durchschreiten, beschließe ich, selbst ein wenig
dem Konsum zu frönen. Gerd Franks Augen leuchten voller Hoffnung auf, als
ich mir an seinem Stand die angebotenen CD-ROMs ansehe. Sparsam dosiert
frage ich nach Preis, Inhalt und ähnlichem, so daß Gerd ausreichenden Anlaß
hat, ein Geschäft zu wittern und sich der Hoffnung hingeben kann, doch nicht
mit dem gesamten Sortiment nach Bayern zurückkehren zu müssen. Doch nach gut
einer Viertelstunde ausgiebiger Begutachtung, verlasse ich den Stand und den
entnervt röchelnden Gerd, um mich genüßlich bei der Konkurrenz umzusehen.
Leute zu demütigen, macht Spaß :) Da letztlich das bessere Angebot aber doch
für den bavarischen Gerd spricht, erstehe ich für läppische 55 Märker
insgesamt 5 CD-ROMs und mache einen deprimierten Händler glücklich.
Dramatische Geschichte, oder ?
Bevor Gerd mir voller Dankbarkeit die Füße küssen kann, blicke ich auf
die Uhr und stelle fest, daß es bereits halb zwölf geworden ist. Ich packe
meine Siebensachen und verabschiede mich von den Anwesenden. Seltsamerweise
habe ich die ganzen vergangen 18 Stunden nicht dermaßen glückliche Gesichter
gesehen, was sicherlich nicht nur dadurch erklärt werden kann, daß in der
Zwischenzeit jeder mindestens einmal an Peters Rechner gespielt und gegen
den Computer gewonnen hat.
Nach der obligatorischen 10minütigen Verspätung fährt dann um Viertel nach
zwölf auch schon der Zug in den Gütersloher Bahnhof ein. 340 Minuten, die
ich mit zunehmender Tageszeit immer mehr in einer Art Halbschlaf verbringe,
später erreiche ich wider Erwarten das heimatliche Cölbe. Neben einer
gehörigen Portion Müdigkeit, 5 CD-ROMs und einer PP-Version des "HAM"-
Diskettenmagazins bringe ich die Erkenntnis mit, daß Gütersloh auch in
diesem Jahr wieder eine Reise wert gewesen war. Obwohl leider einige
Personen nicht kommen konnten, war das Treffen doch wieder eine kurzweilige
Angelegenheit gewesen, bei der man - trotz oder vielleicht gerade auch wegen
der Akzentverschiebung weg vom Amiga und hin zum PC - einige interessante
Neuheiten zu sehen bekam, gute alte Kontakte pflegen und so manches
informative und lustige Gespräch führen konnte. Nachdem ich meine vor zwei
Tagen gewaschenen und inzwischen getrockeneten Klamotten gebügelt habe,
gelingt es mir gegen Mitternacht schließlich, mich nach mehreren
Fehlversuchen zielsicher ins Bett zu werfen und von Gütersloh '97 zu
träumen. Und manchmal werden Träume ja bekanntlich wahr...
#Pinsel gadget25:pinsel/AN rechts